Bundesernährungsbericht ist Bankrotterklärung für Kultur und Natur

Deutsche sollen keine Kochanalphabeten sein

 

Stuttgart. Als Bankrotterklärung für Kultur und Natur bewertet die Umweltstiftung NatureLife-International (NLI) den neuesten Ernährungsbericht der Bundesregierung. „Wenn immer mehr Menschen zu vielfach verarbeiteten Fertigprodukten greifen und kaum noch mit normalen Zutaten kochen können hat dies tiefgreifende negative Auswirkungen für die Volksgesundheit, die Ernährungskultur und die biologische Vielfalt“ so NatureLife Präsident Claus-Peter Hutter. Die scheinbar billigen Fertigprodukte führen laut Hutter zu einer weiten Abwärtsspirale bei den landwirtschaftlichen Erzeugnissen, der Druck auf die bäuerliche Landwirtschaft steige zu Gunsten industrieller Agrarproduktion, die wiederum früher weit verbreitete Arten wie Feldrittersporn, Feldlerche und Feldhase aus den Fluren verdränge.

„Wenn es mangels konkreter Ernährungserziehung kaum mehr Schmetterlinge und Singvögel gibt, ist dies auf die unheilvolle Allianz der Agrarindustrie und der großen Lebensmittelkonzerne zurückzuführen“ betont NatureLife Präsident Hutter.

Er fordert stattdessen konsequent in den Grundschulen das Fach Ernährungserziehung einzuführen. „Noch in den 60er Jahren wurde Kochen gelehrt und es gab Schulküchen, obwohl damals die Eltern noch wussten wie man Speisen aus Grundnahrungsmitteln und frischen Zutaten herstellte; heute sind viele Eltern schon Kochanalphabeten und in vielen der Schulen gebe oft Mensa-Verpflegung die viel zu oft aus aufgewärmtem Massenessen besteht“ so NatureLife.

Es sei erschreckend wie tatenlos die Bundesregierung der Gefährdung von Gesundheit, Kultur und Natur durch fehlende Ernährungskompetenz der Jugendlichen gegenüber stehe. Dabei sei die Kompetenz zum Kochen, die Kenntnis der Erzeugung von Lebensmitteln und das Wissen um Landschaft und Landwirtschaft Grundvoraussetzung für die ökologisch-ökonomische Zukunftssicherung der Gesellschaft und so wichtig wie Schreiben und Rechnen lernen; unterstrich Hutter.

Er hatte zusammen mit einem Redaktionsteam schon Anfang 2001 mit dem Report Futter fürs Volk auf die Gefahren der Wissenserosion in Sachen Ernährung aufmerksam gemacht.

Hutter betont, dass viele unserer Lebensmittel diesen Namen nicht mehr verdienen. Mit „Leben“, „gesund“ oder „wohl fühlen“ haben diese Produkte nichts mehr zu tun, dafür umso mehr mit „Zusatzstoffen“, „künstlichen Aromen“, „Veredelungstricks“, „Profitgier“ und eben auch mit „krimineller Energie“. Die Verbraucher seien orientierungslos mittendrin, jeden Tag, im Supermarkt, im Bioladen und beim Einkaufen auf dem Bauernhof. Eingezwängt zwischen Sonderangeboten – irgendwie müssen ja alle sparen – und dem Wunsch, für sich und die Familie ein leckeres Essen zuzubereiten, hochwertig, natürlich und gesund.

Die Bundesregierung verweigere offensichtlich jegliche Orientierungshilfe. „Es sollte allen klar sein, dass Billigstangebote nicht deshalb billig sind, weil der Supermarktleiter seine Kunden besonders gern hat. Für das eigene Auto nehmen wir ja schließlich auch nur das beste Motoröl. Wenn man darüber nachdenkt, was da der Liter kostet, sollte man durchaus bereit sein, für ein gutes Olivenöl etwas mehr zu bezahlen – wenn dann die Qualität stimmt“ sagt NatureLife.

Die Umweltstiftung NatureLife fordert nach dem katastrophalen Ergebnis des Bundesernährungsberichtes deutliche Konsequenzen in der Landwirtschafts- und Bildungspolitik. Hier seien gerade auch die Länder wegen ihrer Zuständigkeit für die Bildungspolitik gefordert.