Waldbrände in Südeuropa sind das Ergebnis verfehlter Forstpolitik

Die für Mensch und Natur verheerenden Waldbrände in Portugal sind, wie auch Brände in anderen südeuropäischen Regionen, die Folge einer verfehlten europäischen Forstpolitik. Monokulturen mit landschaftsfremden Baumarten haben vielerorts die Hartlaubwälder verdrängt, welche Feuer weit besser überstehen und einer mannigfaltigen Tierwelt Heimat bieten. Durch die Anlage von Feuerschneisen, die eigentlich Waldbrände stoppen sollten, sind auch abgelegene Waldgebiete zugänglich gemacht worden, sodass Wilderer und Hirten in diese vordringen können. Oft sind es Hirten, die Feuer entfachen, um den schnelleren Graswuchs anzuregen.

Zu beklagen ist auch, dass seitens der betroffenen Länder und der Europäischen Union so gut wie nichts gegen Bodenspekulation unternommen wird. Weil abgebrannte Waldflächen in manchen Ländern nicht mehr als Wald gelten und somit bebaut werden dürfen, ist dem Spekulantentum und dem Frevel an der Natur Tür und Tor geöffnet. Es ist völlig unverständlich, warum man bei der Europäischen Union noch keine länderübergreifende Task Force zur Waldbrandvermeidung und -bekämpfung einsetzt. Insbesondere fehlende Aufklärung sorgt dafür, dass überall Flaschen und Dosen liegen bleiben, die bei starker Sonneneinstrahlung wie Brenngläser wirken und Feuer entfachen.

Mit den Feuern – welche Gründe auch immer dafür verantwortlich seien – wird die Klimapolitik der Europäischen Union konterkariert, weil wichtige Kohlendioxid-Senken und Frischlufterneuerer verloren gehen. Auch werden unersetzliche Rast-, Nahrungs- und Überwinterungsgebiete für Millionen von Kleinvögeln, die auf Wald- und Macchiegebiete während des Herbst- und Frühjahrszugs im Mittelmeerraum angewiesen sind, vernichtet. Werden die weiteren Zerstörungen der südeuropäischen Wälder durch die sommerlichen Feuer nicht durch regionale und internationale Schutzmaßnahmen gestoppt, wird es für viele Zugvogelarten – die in diesen Wochen zu ihrer langen Reise in die südeuropäischen und afrikanischen Winterquartiere aufbrechen – immer schwieriger, geeignete Lebensräume zu finden.

Die Gründe, warum die südeuropäischen Waldbrände überhaupt entstehen, haben unterschiedliche Ursachen:

• In vielen Regionen werden Feuer von Bodenspekulanten gelegt, die Waldflächen in Bauland umwandeln wollen.

• Wo Weidewirtschaft betrieben wird, brennen Hirten Wälder und Gebüschzonen ab, um neue Flächen für ihre Schaf- und Ziegenherden zu erhalten.

• In Wäldern, in denen Weideverbote bestehen, legen Hirten oft aus Protest gegen diese Reglementierungen Feuer.

• Jagdfrevler legen Waldbrände aus Rache gegen staatliche Reglementierungen der Jagd.

• Durch weggeworfene Blechbüchsen und Flaschen entstehen in den trockenen Wäldern häufig unbeabsichtigte Brände.

• Große Monokulturen wie Kiefern- oder Eukalyptuspflanzungen auf riesigen Flächen begünstigen Waldbrände.

• Die Erschließung der Wälder mit neuen Wegen ermöglicht den Zugang zu vorher abgelegenen Gebieten und erhöht somit die Gefahrenquelle für den Wald.

• Vielfach werden Brände auch gelegt, um damit die Ohnmacht der staatlichen Behörden aufzuzeigen.

• Beim Abbrennen abgeernteter Getreidefelder greift das Feuer häufig auf Wälder über.

• Brennen Flächen, die z.B. mit Kiefern aufgeforstet worden sind, so entwickelt sich eine sehr große Hitze. Als Folge werden nicht nur die Bäume selbst, sondern auch die meisten Pflanzensamen abgetötet, sodass die betroffenen Flächen über Jahre hinweg ohne Vegetation bleiben. Es folgt dann eine oft starke Bodenerosion, die außerdem die Konsequenz hat, dass auch Fließgewässer im Einzugsbereich belastet werden.

Angesichts der erneuten Waldbrände sowie aus Gründen des Klima- und Naturschutzes sind eine übergreifende Waldschutzstrategie und folgende Einzelmaßnahmen erforderlich:

1. Erhaltung und Aufbau naturnaher Wälder mit den jeweils einheimischen Gehölzarten.

2. Umsichtige Weidepolitik, damit Hirten die Wälder nicht abbrennen.

3. Förderung einer kontrollierten Jagd, damit Jagd- und Forstfrevel verhindert werden.

4. Änderung der Waldgesetze in vielen Ländern, damit Spekulanten nach dem Abbrennen eines Waldgebietes nicht damit rechnen können, Baugenehmigungen zu erhalten.

5. Verhinderung unkontrollierter und nicht gestatteter Müllablagerungen in Wiesen, an Waldrändern etc.

6. Nur absolut notwendige Waldwege anlegen; Kontrolle des Verkehrs auf bereits bestehenden Wegen.

7. Verhinderung des schnellen Profits, der mit der ungehinderten Vermarktung von Brandholz erzielt wird.

8. Ausweisung und Betreuung neuer Schutzgebiete.

9. Aufbau eines Biotop-Managements in gefährdeten Waldbereichen mit ausreichender personeller und technischer Ausstattung.

Da es bei der Erhaltung der südeuropäischen Wälder um die Bewahrung eines bedeutenden Teils des europäischen Naturerbes und eines wichtigen Mosaiksteines für den Klimaschutz geht, muss neben einem Feuerwarnsystem auch eine internationale Feuerpolizei eingerichtet werden. Nur wenn künftig grenzüberschreitend mit einer ausreichenden Zahl von Löschflugzeugen die Brände intensiv bekämpft werden können, haben die grünen Gürtel Südeuropas und damit Millionen von Kleinvögeln noch eine Zukunft.